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Schneckenfühler

Mein Herz hüpft vor Freude! Ein herrliches Frühlingsgewitter zieht übers Land. Ich kann es schwer beschreiben, doch das erste Gewitter des Jahres erweckt in mir immer eine unsagbare Freude. Ich liebe Gewitter und die lange Winterzeit im Lungau lässt nicht nur sie, sondern überhaupt die wunderbar plätschernden Regenfälle lang ausbleiben. Nach dem Schnee folgt oft ein trockener Frühling – heuer hatten wir in dieser Hinsicht ja schon einen zweiten Ausnahmezustand neben dem ersten. Hie und da ein paar Tropfen. Doch irgendwann kommt diese erste wilde Entladung des Himmels! Dieses Zusammenbrauen von Wolken, dieses Eindunkeln aus den Winkeln der Täler heraus, diese weißen Wände, die sich dann immer weiter vorschieben, bis es auch heraußen in der Hochebene zu dem befreienden schweren Regen, dem Himmelsblitzen und Donnergrollen kommt, einmal übers andere. Dieses Licht- und Geräuschspektakel, das manchen nicht geheuer ist, bereitet mir allergrößtes Behagen und Freude. Dieses erste Frühlingsgewitter fühlt sich für mich an wie eine symbolische Reinigung, wie ein Weckruf der Natur und ein endgültiges Abschütteln der Winterstarre. Ja, und in diesem Jahr ist es auch irgendwie ein Abschütteln der „Schockstarre“, wie ich meinen Zustand der letzten paar Wochen mit einem vielleicht recht starken Wort, aber doch treffend beschreiben möchte. 

 

Dass sich nicht alles gleich ganz anders und normal anfühlen kann und wird, das hatte ich schon geahnt nach Ostern, doch dass ich so lange in diesem Schneckenhaus verweilen werde, das hätte ich mir nicht gedacht. Es hat so gar keine Selbstverständlichkeit mehr für mich, dieses Aufbrechen am Nachmittag zu irgendeiner Unternehmung. Ich wähnte mich in den letzten Wochen dieser Zurückgezogenheit sehr sicher und geborgen, und da ja in unserer Gegend Schlimmeres ausblieb, auch in relativ unbekümmerter Alltagsgelassenheit. Ich genoss das familiäre Miteinander ohne Wirbel, ohne Unterbrechung, ohne Termine von außen. Interessanterweise höre ich das auch immer wieder von anderen. „Ich darf es ja gar nicht laut sagen, aber mir, wo es mich wirtschaftlich nicht getroffen hat, mir kam diese ruhige Zeit gerade recht.“ Einige haben diese beruhigte, entschleunigte Zeit für sich als angenehm empfunden. Ich würde mir so sehr wünschen, dass hier etwas mitgenommen werden kann für die Zukunft! Dass dieses Besinnen auf Essenzielles, diese Bescheidenheit in gewissen Belangen, sich irgendwie festmachen könnte in den Köpfen der Menschen. Dass weniger oft einfach mehr ist. 

 

Aus der Wirtschaft tönt es zur Zeit von vielen Seiten, es sei so wundervoll, jetzt Schritt für Schritt zurück zur Normalität zu finden. Die Chefin des Salzburger Flughafens erzählt verzückt, dass diese Woche der erste Flug von Salzburg nach Düsseldorf hin und wieder zurück ging. Zwei Passagiere hinauf, vier zurück geflogen – in einem Flugzeug, das weit über 200 Menschen transportieren könnte! Normalität!? Notwendigkeit!? Wo ist der ökologische Gedanke geblieben? Was für ein Zeichen will man mit solchen Aktionen setzen? Sind wir wieder bereit für den ganz normalen Wahnsinn von „vor der Krise“? Meint man das allerorts unter Rückkehr zur Normalität? Ich wünsche mir so sehr, dass auf wirtschaftlicher wie ökologischer Ebene – Hand in Hand, anders geht es nicht – endlich ein Wandel stattfindet. Dass wirklich überlegt wird, was der Umwelt unbedingt und was dem Menschen dadurch bedingt, an Umdenken, Umstellen und Umstrukturieren, zumutbar ist.

 

Zurück zu mir und meinem Schneckenhaus: Umstrukturieren muss ich nun wieder meine vorübergehende neue Routine im Alltag. Fast kommt es mir so vor, dass ich mich aus einer sehr bequem gewordenen Komfortzone wieder hinauswagen muss. Fühler ausstrecken und abtasten, wohin wir uns gut und gerne wieder bewegen können ... Antrieb hierfür sind definitiv meine Kinder. Die suchen es regelrecht, dieses Ausbrechen aus den Schranken der letzten Wochen! Die wollen Freunde sehen, wollen wieder gemeinsam Baumhäuser bauen und Wettklettern veranstalten, die wollen wieder Tore schießen und Fangen spielen. Wach auf, Mama!!!

 

Danke meinen Kindern und der Natur für diesen Weckruf.

Eva Adelbrecht

Team von Buchhandlung und Verlag Pfeifenberger

Lektorin & Autorin

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