Balance

 

Eine sehr ungewöhnliche Woche. Zuerst das wunderbare nachösterliche Gefühl, den schönen Festivitäten-Reigen gut und gelungen gelebt zu haben. Zu dem ‚Gelebt’ gehört sehr viel mehr als das Verbringen der Festtage, dazu gehören das Plaudern mit den Kindern über den Brauch und die Geschichte dahinter, das Abfragen von möglichen Wünschen, das Formulieren, Positionieren und erfolgreich heimliche Verschwindenlassen diverser Wunschbriefe, das Besorgen der Überraschungen, das Planen der Festtagsmahlzeiten und natürlich auch das Rundumdenken und -schreiben an all jene, die wir nicht sehen, an die wir aber gerade zu solchen Festtagen besonders denken. Und nicht dass ihr glaubt, ich spreche bei ‚Festivitäten-Reigen’ nur von Ostern! Nein, ganz und gar nicht. Dieser Reigen wird in unserer Familie eigentlich bereits im September eröffnet: Jedes Herbstmonat ein Kindergeburtstag! Dann der Advent mit vergleichbaren Vorbereitungen wie oben aufgezählt für Ostern, nur eben in Kommunikation mit dem Christkind, dann das nachweihnachtliche Nachspüren, Postbeantworten und Zumeinsatzbringen sämtlicher Geschenke (meistens sportlicher Art). Der sonst mit weniger feierlichen Schularbeits- und Testterminen gespickte Januar war heuer ganz anders (statt ein bisschen Hilfe für anstehende Schularbeiten und gelegentliches Mitzittern und Daumendrücken gleich LehrerInnengesamtpaket), in den Semesterferien wurde alsdann angeschlossen mit intensivem Kopfzerbrechen und Vorbereiten zum Thema Faschingsverkleidung, und kaum dem Faschingsgewande entschlüpft, purzelten wir schon wieder rein in eben die oben beschriebene vorösterliche Einstimmungszeremonie. Dass die Fastenzeit heuer fast gänzlich einem Schularbeiten- und Prüfungsmarathon glich, ist klarerweise der Unmöglichkeit geschuldet, sichere Schulfrühjahrsprognosen zu erstellen, und so war auch der sonst etwas ruhigere Spätwinter dieses Jahr ein angespanntes Terminschlachtfeld.

 

Ja, und nun? Ruhe. Ruuuhe. Das gute Gefühl, vieles gemeistert zu haben, macht sich in mir breit. Mit ihren kleineren und größeren Osterüberraschungen durchwegs zufriedene Kinder gehen, wenn auch noch etwas gerädert von der Zeitumstellung, ab Dienstag wieder guter Dinge zur Schule. Nachmittags werden Fahrrad und Tretroller (oh, jetzt ich hab’ mich gerade als Oldie geoutet – ‚Scooter’ natürlich!) gebührend ausgeführt und erprobt, es werden trotz teilweise stürmischen spätwinterlichen Schneetreibens Baumhäuser zusammengenagelt und die späten Sonnenuntergänge verlocken zu langen Spielnachmittagen draußen. Unsere Große verbringt die halbe (Heimschul-)Woche im Bundesauslandsaufenthalt, um so dem dringenden Bedürfnis nach Stunden mit gleichgesinnten Gleichaltrigen gerecht zu werden. In unserer Küche ist es, nachdem die experimentierfreudige Jungköchin für vier Tage abhanden gekommen ist, erstaunlich ruhig. Außer meiner Wenigkeit rumort auf einmal niemand untertags dort herum. Ich ertappe mich dabei, etwas verwirrt auf die Uhr zu sehen, um dabei mit Erstaunen festzustellen, dass ich tatsächlich nach Mittag schon zwei Stunden voll konzentriert arbeiten konnte! Ruhe im Außen, Ruhe im Innen. Nicht nur keine Anfragen aus den übrigen Räumen des Hauses, auch keine hektischen Abgabetermine, keine demnächst anstehenden, zu bedenkenden und planenden Jahreshöhepunkte im Kopf. Ein Haus, das für sich selbst und sein Rundherum keinerlei Anzeichen zeigt, in irgendeiner Weise in diesem Jahr Handwerker zu brauchen. Auch keine ungeduldigen Patienten am Telefon – Ostern scheint alle gütlich und gemütlich gestimmt zu haben, und die wenigen Ausreißer, die der Ungeduld Raum geben, lasse ich gemäß meiner meditativen Stimmung streichelweich abblitzen. Schöne und interessante, langfristig terminisierte Lektoratsarbeit, die wirklich Spaß macht. Große Kinder, die nicht mehr bespielt oder gar beaufsichtigt werden müssen. Die zufriedene, fleißige, selbständige Schüler sind, und obendrein gesellige Spielkameraden, die sich stets jemanden aus der Umgebung finden, um ein Miteinander zu genießen.

 

Ruhe. Da merke ich erst, dass ich ganz und gar nicht routiniert bin im Umgang mit so viel Ruhe. Mit so einem entspannten Tagesablauf, wie ihn mir diese Woche gleich mehrtägig beschert. Nicht einmal ein kieferorthopädisches Zahnarzt-Rendezvous, kein dringendes Irgendwas, das unbedingt erledigt sein will, hat mir einen Strich durch die Rechnung gemacht! Keine kurzfristigen unerwarteten Spontaneinfälle irgendwelcher stets ihren Terminen hinterherjagenden Auftraggeber, die morgen draufkommen, dass sie gestern etwas gebraucht hätten. Die doch relativ kurzfristige Anfrage für eine wenig umfangreiche Übersetzung kann mich aus dieser angenehmen Balance nicht rausbringen. Her mit den zweieinhalb Seiten – das ist ja wohl ein Klacks!

 

Unglaublich, so denke ich mir, wie ich an den schnellen Rhythmus, an diese streng getakteten Tage und Wochen, an diese stete Anspannung wegen eines nächsten und eines übernächsten ins Haus stehenden Termins, an dieses dauernde Durchgeplantsein mit Aufgaben und Verpflichtungen, erfreulichen wie auch weniger unterhaltsamen, gewöhnt bin. Wie außergewöhnlich komisch es mir vorkommt, wenn ich nicht in jeder halben Stunde des Tages weiß, was ich in der nächsten zu tun habe. Höchst erfreulich, so sage ich mir dann, wie wunderbar ich nach der kurzen Verwirrung ob des Zeitüberflusses diese entspannte Stimmung genießen kann: wie ich sportle, ohne an die Arbeit zu denken, und arbeite, ohne die Zeiger festhalten zu wollen, weil sie schon wieder zu eilig in Richtung der nächsten vollen Stunde unterwegs sind. Beglückend ist es, voll Freude die Kinder zu Mittag an der Tür zu empfangen und mich nicht zu grämen, dass die kostbaren Vormittagsstunden schon wieder verstrichen sind. Weil sich zu ihnen unverplante und auf Produktivität oder auch einfach einmal auf bedenkenloses Nichtstun wartende Nachmittagsstunden gesellen.

 

Und wenn jetzt jemand hämisch grinsend meint: Ja klar, Eva. Deine Kinder werden größer, und du wirst eben älter ..., dann lache ich ihm ins Gesicht und zitiere eine liebe Freundin mit den Worten: Natürlich! Mein Leben passt gut zu meinem Alter.

 

 

Eva Adelbrecht

Team von Buchhandlung und Verlag Pfeifenberger

Lektorin & Autorin

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